M itte April 1950. Ein LKW fährt mit aufgeblendeten Scheinwerfern von Belgien durch den Wald auf die deutsche Grenze zu. Auf der Ladefläche: braunes Gold. Zentnerweise Röstkaffee, in der Bundesrepublik ein kleines Vermögen wert.
Die deutschen Zöllner haben auf den Transporter die ganze Nacht gewartet, aber der LKW hält nicht an, sondern gibt weiter Gas. Sie feuern neunmal, ohne Erfolg.

Die Zöllner sahen alt aus

Es lag nicht etwa daran, dass die Beamten schlecht schossen. Der Lkw der Schmuggler war ein ausrangierter Panzerspähwagen, gestohlen aus Beständen der belgischen Armee. Er konnte problemlos Büsche und Hecken niederwalzen und hatte schusssichere Reifen mit separaten Luftkammern. Nur wenige Tage später rollte der Wagen erneut über die Grenze. Diesmal feuerten die Zollbeamten 21 Mal - wieder vergebens.
Der Einsatz solcher "Kaffeepanzer" war nur eine von mehreren kreativen Strategien, die Ware nach Deutschland zu bringen. "An manchen Stellen sind einfach Hunderte Jugendliche gleichzeitig mit ihren Kaffeesäcken über die Grenze gelaufen", erzählt Walter Pohl, damals Zollfahnder im Einsatz. "Was sollten die Beamten machen? Sie konnten vielleicht zwei oder drei festhalten, der Rest war durch."
Die Kinder und Jugendlichen nannten sich "Rabbatzer" und nutzten die alten Grenzbefestigungen des Westwalls als Deckung.

Ein lukratives Geschäft

Wegen einer hohen Steuer war Kaffee in Deutschland bis 1953 fast drei Mal so teuer wie in Belgien, und mit Schmuggel konnte man in zwei Nächten mehr verdienen als mit normaler Arbeit in einem Monat.
So brachten in der Not der Nachkriegszeit ganze Kolonnen Aachener und Eifler Schulkinder regelmäßig Kaffee über die Grenze und trugen zum Lebensunterhalt ihrer Familien bei.

Die Zöllner jagten die Schmugglerkolonnen mit scharfen Hunden und griffen auch zur Waffe. Zwischen 1946 bis 1952 seien 31 Schmuggler und zwei Zöllner erschossen worden, behauptet der Aachener Lokalhistoriker und Journalist Wolfgang Trees in seinem Buch "Schmuggler, Zöllner und die Kaffeepanzer". Es habe zudem mehr als hundert Schwerverletzte auf beiden Seiten gegeben.

Tödliche Schüsse gegen Kleinschmuggler, die gerade mal ein paar Pfund Kaffee dabei hatten, empörten die Bevölkerung im Grenzgebiet. Besonders großes Engagement an der Kaffeefront bewiesen die Einwohner von Mützenich, heute ein Ortsteil von Monschau.
Ende 1952 saßen mehr als 100 Mützenicher in einem spektakulären Prozess vor Gericht, 52 von ihnen wurden verurteilt. Wegen des Verfahrens stieg sogar der Mützenicher Fußballverein ab, weil es nicht mehr genügend Spieler gab.

1953 wurde die Sondersteuer auf Kaffee abgeschafft, von da an lohnte sich der Schmuggel nicht mehr.

St. Mokka: "Der Herr sei mit Euch!"

Ein offenes Wort an die Gläubigen kommt besser an als irgendwelche Geheimakten ("Brüder im Nebel"). Der frühere Kölner Kardinal Frings wusste das, bei seinen Nachfolgern ist diese Erkenntnis in Vergessenheit geraten.
In seiner Silvesterpredigt 1946 erteilte er seinen hungernden und frierenden Schäfchen Absolution für Kohlenklau und Mundraub und wurde daraufhin der populärste Geistliche in der Kölner Kirchengeschichte.

Der kleine Ort Schmidt, heute Teil von Nideggen in der Nordeifel, war in der Schluss­phase des 2. Weltkriegs zum Kampfgebiet geworden ("Schlacht im Hürthgen­wald"); die katholische Kirche St. Hubertus wurde im November 1944 bis auf die Umfassungs­mauern zerstört.
Obwohl die Pfarrgemeinde eigentlich zum Bistum Aachen gehört, orientierte sich Ende der vierziger Jahre der Dorfpfarrer Josef Bayer am Vorbild des Kölner Kardinals:
Er nahm die Schmidter, die „im Abendgeschäft“ tätig waren, ausdrücklich in seinen Segen auf. Praktisch alle Einwohner des Ortes schmuggelten in dieser Zeit Kaffeebohnen über die belgische Grenze und kamen dadurch zu bescheidenem Wohlstand. Gleichzeitig appellierte Bayer an die Solidarität der Bürger bei der Finanzierung des Kirchen­neubaus - und hatte Erfolg!
Es fanden sich kurz darauf ca. 250.000 Mark im Opferstock, der Wiederaufbau konnte beginnen. Die Kirche wird auch heute noch im Volksmund St. Mokka genannt.

Sündige Grenze - der Film

Artur Brauner war einer der produktivsten und erfolgreichsten deutschen Filmproduzenten; er starb 2019 in Berlin im biblischen Alter von 100 Jahren.
Brauner produzierte etwa 500 Filme, viele davon fürs Fernsehen. Sehr populär in den Kinos waren seinerzeit Brauners Karl-May-Verfilmungen oder die Dr. Mabuse-Streifen, aber er nahm sich auch gerne zeitgeschichtlicher Stoffe an.

Die Idee zu "Sündige Grenze" hatte er 1951 selbst - also mitten in der heißen Schmuggelphase; für Drehbuch und Regie engagierte er Robert A. Stemmle. Der konnte seine Darsteller an Originalschauplätzen bei Aachen und in der Eifel einsetzen, darunter Dieter Borsche sowie in Nebenrollen als jugendliche Schmuggler, ganz zu Beginn ihrer Karriere, Cornelia Froboess und Horst Buchholz.
Mehrere hundert Jugendliche wurden als Komparsen engagiert, das Jugendamt stellte Mitarbeiter zur Betreuung ab. Der Film ist als eine Mischung aus Krimi und Nachkriegsdrama angelegt, hart und realistisch.

Filmkritik

• Moral? „Schluss ist nie, bis sie die Grenzpfähle rausziehen“. Nur eine Frage bleibt: wieso ist diese Grenze sündig? Weil das Adjektiv „sündig“ die Zuschauer 1951 in Scharen in die Kinos lockte?
Falk Schwarz, Filmportal

• Toll gespielt und wirklich handwerklich gut gemachter Film. Finde interessant, dass dieser Streifen nicht wesentlich bekannter ist. Vielleicht war die Handlung für die damalige Zeit zu aktuell und düster.
Lonestarr102

• Trotz realistischer Milieuschilderung und guter Darsteller liefert der Film kein verläßliches Zeitbild.
Filmdienst

Bewertung:   7,1/10  IMDb


Kaffeebohnen

Warum denn ausgerechnet Kaffeebohnen?

Nun ja, der Staat braucht immer Geld, viel Geld, für Lehrer und Richter, für Polizisten und Politiker(diäten). Dieses Geld kann er sich von seiner Zentralbank drucken lassen, also Schulden machen - ein beliebtes Verfahren, denn es tut zunächst niemandem weh.
Meist ist auf lange Sicht eine hohe Geldentwertung oder sogar ein regelrechter Finanz-Crash die Folge, kein wünschenswertes Szenario. Heute experimentieren wieder viele Länder mit einer hohen Staatsverschuldung, nach dem Krieg in der Besatzungszeit war dies aber in Deutschland keine Option.

Abgaben auf bestimmte Leistungen, z.B. auf die Müllabfuhr, sind für den Staat eine weitere Möglichkeit, Geld einzunehmen. Früher war sogar der Schulbesuch kostenpflichtig ("Schulgeld"), das hat sich aber als nicht besonders zielführend erwiesen.
Insgesamt kann über Abgaben aber nur ein Bruchteil der notwendigen Mittel eingesammelt werden.

Es bleiben also seit altersher die Steuern als Haupteinnahmequelle - die direkten auf Löhne und Unternehmensgewinne und die indirekten auf Waren und Dienstleistungen.
Ende der vieziger Jahre waren die Einkommen sehr gering, die Menschen brauchten das Geld zum Überleben. Noch heute lernen angehende Finanzbeamte gleich zu Beginn ihrer Ausbildung: "Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen."
Merkwürdig, da ist nie von der nackten Frau die Rede, und dennoch hat sich bislang noch keine Gleichstellungsbeauftragte beim Finanzamt über diese offensichtliche Ungleichbehandlung beschwert. Die Verwaltung zeigt beim Thema "gender-gerechte Sprache" an dieser Stelle einen deutlichen Nachholbedarf!

Zollschild

Sobald sich in der Menschheitsgeschichte territoriale Herrschaftsgebiete herausgebildet hatten, wurde an deren Grenzen abkassiert, also Zölle auf importierte und exportierten Waren erhoben.

Zöllner bilden wohl die zweitälteste Berufsgruppe, und besonders gut sind sie in der Literatur nie weggekommen. Schon in der Bibel konkurrieren Zöllner und Pharisäer darum, wer wohl der größere Lump ist. In einem seiner Gleichnisse unterstellt Jesus dem Zöllner jedoch Demut und gottesfürchtiges Verhalten - eine Einstellung, die sich im Verlauf der Geschichte weitgehend verloren hat.

Grundprodukte des täglichen Lebens durch Zölle und Steuern deutlich zu verteuern, kommt vom einfachen Volk ganz schlecht an und schadet dem Renommee der Herrschenden. Bei Luxusprodukten sieht das schon anders aus...

Die Lifestyle-Droge aus dem Orient

Am 12. September 1683 mussten die Türken ihre zweite Belagerung von Wien abbrechen und haben angeblich - als freundliche Gabe aus dem Morgenland - einige Säcke Kaffeebohnen in ihrem fluchtartig verlassenen Lager zurückgelassen. Die Wiener freuten sich über die kulinarische Entwicklungshilfe und machten ein paar Jahre später das erste Kaffeehaus auf.
Tatsächlich hatten venezianische Kaufleute den Kaffee-Import schon einige Zeit zuvor gestartet.

Kaffee war zunächst nicht ganz billig und galt als Lifestyle-Getränk für die Schönen und die Reichen, für Literaten und Aristokraten. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts wird Kaffee für jeden zugänglich und ist nicht länger nur ein Luxusgut der Ober­schicht.

Friedrich der Große und die Kaffeeschnüffler

Der Preußenkönig führte bekanntlich gerne und oft Krieg, in der Staatskasse war chronisch Ebbe. Ein Kaffeemonopol, so der Einfall eines Beraters, könnte eine willkommene Einnahmequelle werden.
Daher erließ Friedrich der Große 1766 ein Verbot für die private Einfuhr von Kaffee und für den privaten Handel. All das sollte ab sofort ausschließlich dem preußischen Staat vorbehalten sein.
Überzeugen konnte er seine Untertanen nicht; die begannen nun damit, Kaffeebohnen in großen Mengen ins Land zu schmuggeln und am heimischen Herd frisch zu rösten. Als Konsequenz wurde 1781 auch das Kaffee-Rösten durch Privatpersonen verboten.

Aber wer sollte das alles kontrollieren?
Auch darauf wusste Friedrich eine Antwort. Er ernannte kurzerhand 400 Veteranen und Invaliden zu offiziellen Kaffeeschnüfflern, die Türen aufzubrechen durften, um sich Zugang zu allen Räumen zu verschaffen. Hatten sie den richtigen Riecher, dann war es besser für Schwarzröster, schnell zu verduften.

Da die Spürnasen nach Ertrag bezahlt wurden, waren sie besonders fleißig. Sie standen zum Beispiel auf Brücken und berochen dort die Taschen von Passanten.
Kurz nach dem Ableben Friedrichs des Großen wurde diese Art der Kaffeesteuer durch Einfuhrzölle in ähnlicher Höhe ersetzt – ein weit praktikableres Verfahren.
Erst nach Gründung des Deutschen Zollvereins wurden diese exorbitanten Zölle Mitte des 19. Jahrhunderts deutlich gesenkt, bringt aber auch heute noch dem deutschen Fiskus jährlich etwa eine Milliarde Euro ein.


*** Mützenich ***

ist ein Stadtteil von Monschau, der Top-Destination für Belgier und Holländer in der Eifel mit seiner historischen Altstadt und der imposanten Hecken- und Vennlandschaft. Beim Bummel durch die verwinkelten Gassen der Altstadt und hinter den romantischen Fachwerkfassaden erwartet den Besucher ein vielfältiges Kunst-, Kultur- und Museenangebot. Die Stadt ist Mitglied im Arbeitskreis Historische Stadtkerne Nordrhein-Westfalens und darf sich seit 1996 Luftkurort nennen. In der näheren Umgebung sind zahlreiche Bunkerruinen und Panzersperren des ehemaligen Westwalles zu finden.

1198 wurde Monschau als Mons Ioci zum ersten Mal erwähnt, 1352 bekam die Siedlung Stadtrechte. Die Herzöge von Limburg hatten zu dieser Zeit die Monschauer Burg bereits ausgebaut. Am Ende des 16. Jahrhunderts begann die Ära der Monschauer Feintuchproduktion, die den Wohlstand der Stadt in den nächsten Jahrhunderten begründete. Davon zeugt heute u.a. das »Rote Haus«, das gleichzeitig Produktionsstätte und Wohnhaus der Textildynastie Scheibler war.

Touristen mit kulinarischen Präferenzen besuchen die historische Senfmühle, die Brauerei Felsenkeller und die Caffee-Rösterei Wilhelm Maassen, die nicht nur authentische Mitbringsel feilbieten, sondern auch einen Blick auf Produktion erlauben.

1971 verpackte das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude die Haller-Ruine und Teile der Monschauer Burg. Das "CHRISTO projekt monSCHAU" stellt eine der ersten großen Open-Air-Verhüllungen der Künstler dar - und war bei den Einwohnern seinerzeit heftig umstritten!

Mit der WDR-Produktion »Die Stadt im Tal« startete im selben Jahr Monschaus Karriere als führender Filmschauplatz der Eifel.

Bewertung:   4,6/5  Tripadvisor