M itten in der Nacht holen Polizisten die Familie Krasniqi aus dem Bett. Abschiebung, "zurück nach Pristina", sofort. "Das können die doch nicht machen!", so die Tochter Anyá entgeistert. "Doch, das können die", sagt der Vater: "Zieh dich an!"
Im letzten Augenblick ergreift das Mädchen die Flucht, und beim Überqueren der Autobahn gerät ihr Verfolger unter einen Lkw.

Nach diesem furiosen Auftakt wird's im WDR-Film "Toter Winkel" (Regie: Stephan Lacant, Buch: Ben Braunlich) bedeutend ruhiger. Und wesentlich unheimlicher.
Ein Familienkonflikt? Ein Asyldrama? Beides und noch mehr steckt in diesem außergewöhnlichen Fernsehfilm.
Wie gut kennen wir eigentlich unsere Kinder? Was wissen wir wirklich von deren politischen Überzeugungen? Ist es nicht äußerst naiv, anzunehmen, dass man die eigenen Werte an die nächste Generation unverändert weitergeben kann?

Dreharbeiten

Szenenbildner Stefan Schoenberg reiste eine Woche lang durchs Rheinland und suchte nach der perfekten Location: „Wir brauchten einen Marktplatz, an dem es ein Friseurgeschäft, einen Blumenladen, einen Kiosk sowie einen Antikhändler gibt – das alles gibt es in Euskirchen nicht“, sagte Schoenberg lachend.
Dennoch habe man sich für die Kreisstadt entschieden. „Alles andere ist perfekt. Die Atmosphäre aus alten Häusern und Bauten aus den 1970er-Jahren hat uns begeistert und durch die Leerstände und kleine Änderungen bei den Figuren im Drehbuch konnten wir die Mängel kompensieren“, so der Szenenbildner, der von Euskirchen fasziniert ist: „Wir drehen zwar noch, aber wir kommen gerne wieder.“

Filmkritik

• Toter Winkel ist ein atmosphärisch unverwechselbarer, dichter und bedrückender Film, wie er aktueller und wichtiger nicht sein könnte.
Heike Kunert, ZEIT

• Mittelschicht erscheint als dünnes Eis, unter dem ein alter Abgrund lauert. So die Botschaft dieses Films, die umso eindringlicher wirkt, als er damit erst sehr spät herausrückt.
Arno Frank, Spiegel

• Ein unberechenbarer Film, bei dem man die Figuren immer wieder neu bewerten muss: Wer ist gut? Wer ist böse? Wer ist schuld?
TV Spielfilm

• Doch abgesehen davon, dass dem Drehbuch auch mal ein unwahrscheinlicher Zufall auf die Sprünge helfen muss, entwickelt sich in „Toter Winkel“ eine stringent und spannend erzählte Geschichte. Die Handkamera bleibt nahe an den Figuren, nervt aber nicht durch demonstratives Zappeln und Zoomen.
Thomas Gehringer, Tittelbach.tv

Bewertung:   7,1/10  IMDb


*** Euskirchen ***

Die Kreisstadt am Rand der Nordeifel mit annähernd 60.000 Einwohnern war bis Anfang der sechziger Jahre ein Zentrum der Textilindustrie. In der ehemaligen Tuchfabrik Müller - nach jahrzehntelangem Dornröschenschlaf vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) als Industriemuseum wieder zum Leben erweckt – sieht es so aus, als hätten die Arbeiter gerade erst die Maschinen verlassen.
Stolz ist man in Euskirchen auch auf das eigene Stadtmuseum, das zu einer Zeitreise von den Römern bis ins 21. Jahrhundert einlädt und die historische Stadtmauer baulich integriert.

Historisch interessierte Besucher freuen sich über insgesamt zwölf (Wasser-)Burgen im Stadtgebiet, die auf der 45 Kilometer langen Euskirchener Burgenrunde von außen besichtigt werden können.

Karibik-Feeling in Euskirchen: Ein Becken umrandet mit mehr als 500 Palmen, eine Sauna mit Blick auf ein Riesenaquarium, das Dach zirka 200 Tonnen schwer, bei schönem Wetter geöffnet, auf einer Fläche von 18.000 qm, umhüllt von einem regelrechten Glaspalast.
Mit diesen Superlativen eröffnete Ende 2015 eines der größten Spaßbäder Europas. Die Kosten von annähernd 60 Mil. Euro stemmte der Investor der "Thermen und Badewelt" Josef Wund, der vergleichbare Anlagen bereits erfolgreich in Süddeutschland betreibt.

Bewertung:   4,2/5  Tripadvisor

Drama

WDR  2017


Regie: Stephan Lacant
Produktion: Geißendörfer (GFF)
Darsteller: Herbert Knaup Hanno Koffler Axel Gottschick