E ine Studentenparty der Fachhochschule (FH) Trier, 6. Juni 2007:
Tanja Gräff ist 21 und studiert auf Lehramt. Sie besucht zusammen mit einigen befreundeten Kommilitonen die Party in der Nähe des Moselufers, bei etwa 10.000 Teilnehmern verlieren sich die Freunde schnell aus den Augen.

Gegen 3:30 Uhr wird Gräff von einem Bekannten in der Nähe der Bühne gesehen. Er schlägt ihr vor, sich mit ihm gemeinsam auf den Heimweg zu machen, da mischt sich ein unbekannter, etwa 1,80 m großer Mann ein - der Bekannte soll „Tanja in Ruhe“ lassen. Die beiden scheinen sich zu kennen, also bricht er kurz darauf ohne sie auf.

Nachtschwärmer

Eine halbe Stunde später wird Tanja Gräff auf dem Parkplatz der FH von mehreren Zeugen gesehen. Sie soll sich telefonisch mit einem Bekannten in der Innenstadt von Trier verabredet und in die Runde gefragt haben, wie man um diese Zeit noch zum Nikolaus-Koch-Platz kommen können.
Tanja ist aufgekratzt und gut gelaunt, hinter ihr stehen zwei junge Männer. Um 4:13 Uhr telefoniert sie vom FH-Gelände aus zum letzten Mal mit ihrem Bekannten in der Innenstadt - am Nikolaus-Koch-Platz kommt sie nie an.

Am frühen Morgen des 7. Juni verliert sich ihre Spur, sie gilt als vermisst.
Erst 8 Jahre später, am 11. Mai 2015 werden ihre sterblichen Überreste unweit des Hochschulgeländes unterhalb des „Roten Felsens“ gefunden. Die Ermittlungen ergeben keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen, so dass von einem Unfall (Klippensturz) ausgegangen wird: Das wieder aufgenommene Verfahren wird im Juni 2017 endgültig eingestellt.

3000 Hinweise, aber keine heiße Spur

Nachdem Tanja Gräff zwei Tage lang verschwunden geblieben war, leitete die Polizei eine Großfahndung ein: Die Studentin als sehr zuverlässig galt, lebte in sozial stabilen Verhältnissen und hatte konkrete Zukunftspläne - ein freiwilliges "Untertauchen" oder ein Suizid galten als extrem unwahrscheinlich.

Mehr als 6.000 Fotos, die auf der FH-Party entstanden, wurden von den Beamten ausgewertet, insgesamt verfolgten sie mehr als 3.000 Hinweise. Ein engagierter Kripo-Beamter schlüpfte in die Rolle eines Uni-Professors und präsentierte den Fall vor Studenten, um neue Hinweise zu erlangen. Mehrmals wurden das gesamte umliegende Gebiet sowie angrenzende Abschnitte der Mosel und mehrere Baggerseen intensiv durchsucht, alles ohne Erfolg.

Tanjas Freunde und ihre Eltern wandten sich an die Medien und traten in verschiedenen TV-Sendungen auf. Nachdem ein Durchbruch ausblieb, machte die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" am 30. März 2011 die Vermisste zum Thema.

Mord oder Unfall?

Mangels neuer Spuren war die Sonderkommission FH der Polizei bereits im Januar 2009 das erste Mal aufgelöst worden, aber vom Herbst 2010 bis November 2011 befasste sich nochmals eine dreiköpfige Ermittlergruppe mit dem Fall.
Im Mai 2015 kam dann die traurige Gewissheit: Bei Rodungsarbeiten auf einem schwer zugänglichen Gelände am Fuß der ca. 50 Meter hohen Felswand wurden Tanjas sterbliche Überreste, ihr Studentenausweis sowie Bekleidung, Schmuckstücke und ein Handy gefunden.
Alle Verletzungen, die am Skelett festgestellt wurden, stammen vom Sturz; Spuren einer vorherigen Gewalteinwirkung wurden nicht gefunden. Durch die Sturzversuche konnte auch die wahrscheinliche Absturzstelle ermittelt werden. Die steil abfallende Böschung macht es unwahrscheinlich, dass Tanja Gräff gestoßen oder geworfen wurde, da eine zweite Person aller Wahrscheinlichkeit nach mit abgestürzt wäre.

Von Tanjas Angehörigen und deren Anwalt gab es Kritik an der Polizeiarbeit, selbst ein pensionierter Kripobeamter äußerte sich in einem Leserbrief kritisch über die Arbeit seiner ehemaligen Kollegen. Gegen ihn wurden von der Staatsanwaltschaft Koblenz Ermittlungen eingeleitet - wegen der Weitergabe möglicher Dienstgeheimnisse an die Presse. Das Verfahren wurde erst d2020 gegen Zahlung von 3000 Euro eingestellt.

Sturz vom roten Felsen:

Spektakuläre Kriminalfälle rufen Trittbrettfahrer, Nachahmungstäter - oder Autoren - auf den Plan. So hat Klaus Greichgauer noch im Herbst 2017 einen fiktiven Roman zum Fall Tanja Gräff veröffentlicht.
Das Opfer heißt hier Irina F., und es ist natürlich kein Unfall, sondern ein Mord. Die Leserkritiken sind eher durchwachsen:

• Ein seichter Roman, welcher allenfalls aufgrund der realen Ereignisse von Interesse ist.

• Der Autor hat sich versucht in die Gedanken eines kranken psychopathischen Einzelgängers zu begeben, der laut Zeugenaussagen tatsächlich existiert. Er gelingt ihm mal überzeugend, mal weniger.

• Eine Beleidigung der Eifeler Landbevölkerung, wirre, geistlose Erzählung.


*** Trier ***

erstreckt sich auf beiden Seiten der Mosel und gehört daher genau genommen nur teilweise zur Eifel. Bei der ältesten Stadt Deutschlands - von den Römern vor über 2.000 Jahren als »Augusta Treverorum« gegründet, reichlich bestückt mit deren Baudenkmälern und ausgezeichnet als UNESCO-Welterbe - sollte man das aber nicht zu eng sehen.

In Trier residierten zeitweise römische Kaiser, hier entstand einer der ersten Bischofssitze nördlich der Alpen. Franken und Hunnen eroberten die Stadt, später fielen sogar die Wikinger ein. 1512 fand in Trier ein Reichstag statt, ein paar Jahrzehnte später brannten die Scheiterhaufen nach zahlreichen Hexenprozessen.

Ein gemütlicher Ort, um in aller Ruhe seinen Moselwein zu genießen (den natürlich auch die Römer mitgebracht hatten), scheint Trier in vielen Perioden seiner langen Geschichte nicht gewesen zu sein.
Das hat sich heute glücklicherweise geändert - die Stadt ist zu einem regelrechten Touristen-Hotspot geworden. Dabei sind die Interessen durchaus verschieden: Chinesische Gruppen besuchen beispielsweise besonders gern das Geburtshaus von Karl Marx.

Bewertung:   4,8/5  Tripadvisor

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